
Memphis: Die Stadt der Könige
28. September 2025Im Wellengang über das Stettiner Haff
Von der Millionenmetropole in die grüne Landschaft von Havel und Oder bis ins Stettiner Haff und an die Ostsee: Die Flusskreuzfahrt von Berlin nach Stralsund begeistert mit weiter Natur, Seebrücken, Stränden und Backsteinromantik
Der Tegeler See an einem sonnigen Wochenende: Auf dem Wasser sind Segelboote und Ausflugsschiffe unterwegs. Stand-Up-Paddler und Luftmatratzen kreuzen dazwischen. Am Ufer sitzen die Hauptstädter mit „Berliner Weiße“ auf den Café-Terrassen. Sie genießen das warme Wetter am zweitgrößten See der deutschen Hauptstadt im Stadtteil Tegel. An der von Bäumen beschatteten Greenwich Promenade liegt die MS Chopin. Das 83 Meter lange Flusskreuzfahrtschiff teilt sich hier den Anlege-Steg mit Partyschiffen wie „Moby Dick“ oder die „Havel Queen“.
Etwa 70 Passagiere – überwiegend Schweizer, ein paar Deutsche und Österreicher - haben die einwöchige Tour von Berlin nach Stralsund gebucht. Gegen 18 Uhr heißt es Leinen los und wir verlassen Berlin auf dem Wasserweg. Alle sitzen auf dem Sonnendeck, während Kapitän Jaro Weinstein das Schiff über den gut bevölkerten See und kurz darauf in die Havel manövriert. Schon nach wenigen hundert Metern sind auch die letzten Hochhäuser hinter den Bäumen verschwunden und nichts erinnert mehr an die Großstadt. Der Fluss mäandert durch eine grüne Idylle mit sich im Wind wiegenden Schilf und großen Weiden am Ufer. Nur unterbrochen von Villen, Biergärten und Jachthäfen. Der Duft von Gegrilltem zieht über das Wasser und Party-Gruppen winken uns freundlich zu. Nach der Lehnitzschleuse weitet sich die Natur malerisch in flaches Land und Felder. Die Havel ist hier begradigt und die MS Chopin fährt bei Kreuzbruch in den Oder-Havel-Kanal ein. In Eberswalde legt das Schiff über Nacht an – eine Natur-Oase im brandenburgischen Nirgendwo. Nur Vogelgezwitscher, das Summen von Insekten und ab und zu der Flügelschlag eines auffliegenden Reihers dringt zum geöffneten Kabinen-Fenster hinein
Am nächsten Morgen steht ein Dutzend sportlicher Passagiere abfahrtsbereit an den E-Bikes. Sie haben die Kreuzfahrt als Velo-Reise gebucht. „Wir genießen das Radfahren auf den ebenen Wegen und die weite Landschaft. Das haben wir zu Hause nicht“, sagt einer der Schweizer. Dafür ist extra ein Fahrrad-Guide mit an Bord. Er radelt mit der Gruppe zum Kloster Chorin, weiter über das Schiffshebewerk Niederfinow und zurück am alten Finowkanal entlang.
Seit 1258 steht das Zisterzienserinnen-Kloster Chorin als Perle der Backsteingotik mitten im Wald und ist heute eine Ruine mit Friedhof. Mehrfach diente die Kloster-Kulisse als Drehort – vom DDR-Agentenfilm bis zur Amazon Prime Serie.
Ein paar Kilometer weiter und die Radler erreichen den Finow-Kanal. Die historische, gut 420 Jahre alte Wasserstraße begeistert mit einer bildhübschen Szenerie aus Seerosen zwischen dem Schilf und mächtigen Bäumen
Zurück auf der MS Chopin schnell an Deck, um das nächste Highlight nicht zu verpassen. Wir fahren in das neue Schiffshebewerk von Niederfinow ein, das seit 2022 in Betrieb ist und das direkt neben dem alten Schiffshebewerk (ab 1934 in Betrieb) liegt. Alle Schiffe – vom Ausflugsboot bis zum Containerriesen – manövrieren hier in eine Art Badewanne hinein und werden wie im Fahrstuhl nach oben oder unten befördert. In nur wenigen Minuten überwinden sie so das Niveau von 36 Metern zwischen Havel und Oder.
Schiffshebewerke sind selten: In Deutschland gibt es nur drei. Eben diese beiden in Brandenburg und eines an der Elbe bei Lüneburg.
- Spannende Passage: das alte Schiffshebewerk in Niederfinow
- Cheers auf eine herrliche Kreuzfahrt auf der MS Chopin von Berlin nach Stralsund
- Das neue und alte Schiffshebewerk in Niederfinow
Weiter auf dem Weg ins polnische Szczecin gleitet die MS Chopin über die Alte Oder und ab Hohensaaten auf etwa 60 Kilometer Länge durch den 1995 gegründeten Nationalpark Unteres Odertal. Ein Naturpark Ranger ist mit an Bord und berichtet über das grüne Paradies, das keinen halben Meter über dem Meeresspiegel und an dem Strom liegt, der seit 1945 die Grenze zwischen Deutschland und Polen bildet. Polderwiesen und Torfinseln gleiten vorbei. Dazwischen sind Schwäne, Gänse und Enten auf dem Wasser unterwegs. Im Herbst, so der Ranger, suchen sich etwa 15 000 Kraniche hier ihre Schlafplätze. Auch Biber und Fischotter sind heimisch. Die Fahrradgruppe radelt währenddessen auf dem Oder-Deich parallel zur MS Chopin und ist dank E-Bike-„Turbo“ schneller in Schwedt als der gemütlich dahingleitende Flusskreuzer.
Schwedt an der Oder schiebt sich wie ein Keil in den Nationalpark und ist einer der größten Erdölverarbeitungsstandorte Europas. Wir fahren an Industrieschloten, Tanklagern und Rohrleitungen vorbei, um kurz danach auf große Tabakfelder und Trockenscheunen zu schauen. Zu DDR-Zeiten war hier das drittgrößte Tabak-Anbaugebiet Deutschlands nach der Pfalz und Baden und auch heute noch wird die Pflanze auf mehreren Hektar angebaut.
Kurz darauf dreht die Chopin eine große Schleife, rein in das Herz von Szczecin, der Hauptstadt Westpommerns. Unweit des Schlosses der Herzöge und der Chroby-Wälle lässt der Kapitän an der Uferpromenade festmachen.
Dann erst einmal die City erkunden: Eine Sightseeing-Tour machen alle Passagiere. In Szczecin wurden zahlreiche historische Bauten nach dem Zweiten Weltkrieg wieder errichtet. So ist das Alte Rathaus von rekonstruierten Bürgerhäusern umgeben, darunter auch das Geburtshaus von Alfred Döblin (1878-1957). Breite Boulevards, Plätze mit plätschernden Brunnen oder große Parks – ein Stadtbummel macht Spaß und Shopping-Queens sind auch im Glück.
Mittlerweile bläst ein starker Wind und Regenschauer fallen vom Himmel. Kapitän Weinstein muss eine nicht seltene Ansage machen. Auf dem Haff tobt ein Sturm mit acht Beaufort Windstärke. Das ist zu viel für ein Flusskreuzfahrtschiff. „Bis sechs Beaufort können wir unter Umständen fahren, aber auch nur, wenn der Wind nicht von der Seite kommt und uns aus der Fahrrinne treibt“, sagt der 60-jährige Tscheche.
Das Stettiner Haff, eine große Lagune abgeriegelt gegen die Ostsee durch die Inseln Usedom und Wolin, misst kaum vier Meter Tiefe und ist für größere Schiffe nur über eine ausgebaggerte Fahrrinne passierbar. „Der Wasserstand ändert sich im Haff kaum. Das ist nicht wie auf anderen Flüssen. Aber der Wind und die Sandbänke sind das Problem. Sie wandern und die Fahrrinne muss neu angepasst werden“, erklärt der Kapitän und fügt an „Sicherheit geht vor. Ich habe die Verantwortung für Passagiere, Crew und Schiff.“
Also bleiben wir eine Nacht länger in Szczecin und der Besuch von Usedom findet per Bus statt. In Wolgast geht es über die Klappbrücke „Das blaue Wunder“ nach Koserow und in das Seebad Zinnowitz. Es ist nicht viel Zeit, um die Insel zu erkunden. Aber einmal über die Seebrücke bis zur Tauchgondel laufen, ein Fischbrötchen im Strandkorb essen und ein Bad in der Ostsee ist drin.
Wieder an Bord, verkündet der Kapitän am Nachmittag die Abfahrt: Ein windstilles Zeitfenster habe sich aufgetan. Der Sturm hat sich kurz beruhigt und wir können über das Stettiner Haff fahren. Es wird drei Uhr nachts, bis wir in Lauterbach auf Rügen bei Putbus anlegen. Die Haff-Fahrt ist ein wildromantischer Reise-Höhepunkt. Die MS Chopin bahnt sich mit ihrem 1500 PS starken Motor den Weg durch die Wellen und Kapitän Weinstein hat einen Spezialisten für das Gewässer dabei. Während auf der Brücke wachsame Konzentration herrscht, sitzen die Passagiere bei Kaffee und Kuchen in den Sonnenstühlen und genießen die maritime Fahrt, die so ganz anders ist als eine normale Flussreise. Das Wasser klatscht dramatisch an den Bug und die Panoramascheiben des Restaurants. Salziger Sprühnebel weht über die Holzplanken, Containerschiffe kommen uns entgegen, hunderte von Kormoranen gleiten im Tiefflug über die Chopin. Es ist beeindruckend und auch, dass das Wasser jenseits der Fahrrinne so flach aussieht, als könne man es durchwaten. Kurz vor Mitternacht fahren wir an Wolgast vorbei und „Das blaue Wunder“ hebt sich vor dem letzten Lichtstreifen am Horizont wie ein Scherenschnitt ab. Noch ein Drink an der Bar und dann sind alle Passagiere im Bett, während die Crew Kurs auf Rügen nimmt.
- Auf dem Sonnendeck der MS Chopin in den Sonnenuntergang fahren – so geht Urlaub
- Beeindruckende Passage: Auf dem Stettiner Haff gibts Wellen und Gegenverkehr
- Die Doppelkabinen mit schön gefliestem Bad und französischem Balkon sind im nostalgischen Belle-Epoque-Stil eingerichtet und lassen keine Wünsche offen
- Romantische Ausblicke an Bord: die Klappbrücke das „Blaue Wunder“ – das „Tor“ zur Insel Usedom um Mitternacht
- Beeindruckend: St. Nikolai Kirche und das Stralsunder Rathaus am Alten Markt
- Strandkorb-Romantik auf Usedom
Das stampfende Motorengeräusch der „Weißen Flotte“ macht am nächsten Morgen den Weckdienst in Lauterbach auf Rügen. Die Verkehrsschiff-Linie bringt Gäste und Einheimische Richtung Binz. Gleich darauf ein Pfeifen und Schnaufen: Der „Rasende Roland“ hält am Gleis im Hafen. Später werden zahlreiche Passagiere in die dampflokbetriebene Schmalspureisenbahn steigen und sich im Cabrio-Waggon über Deutschlands größte Insel fahren lassen. Weitere Passagiere steuern im Reisebus den Jasmund Nationalpark an, um die berühmten Kreidefelsen von einem gläsernen Skywalk aus zu bewundern. Manche wandern entlang der zum Greifswalder Bodden gewandten Küste. Es geht vorbei an reetgedeckten Häusern mit Blumenpracht, steilen Abbruchkanten über dem Wasser, ruhigen Schilfbuchten und Naturstränden.
Dann steht die letzte Etappe an: Die MS Chopin schippert über den Strelasund in die Ostsee in den kleinen Ort Barth, der als Tor zum Fischland Darß-Zingst gilt. In Stralsund hat Kapitän Jaro Weinstein keinen Liegeplatz bekommen, weil der Tag der Bundeswehr stattfindet. An der Mole zwischen den mächtigen Speichergebäuden aus Backstein liegen Korvetten und Schlepper der Bundeswehr zwischen der ersten Gorch Fock, Deutschlands berühmtestes Segelschiff.
Die Gäste der Chopin erreichen Stralsund im Reisebus. Die Kirchtürme und spitzen Giebel der bildschönen Hansestadt sind schon von weiten zu sehen. Die von einer Mauer umschlossene Altstadt ist so hübsch, dass sie zum UNESCO-Welterbe zählt – Stralsund hat viele schöne Ecken und Museen. Am Hafen sticht das moderne Meeres-Museum „Ozeaneum“ ins Auge, das die Stralsunder ganz salopp „Klopapier-Rolle“ nennen.
Zurück in Barth lockt nach dem letzten Abendessen auf der Chopin ein „Absacker“ im Hafen. Auf dem Kneipenschiff „Granitz“ werden Neuankömmlinge fröhlich aufgenommen. Ein hochprozentiger „Küstennebel“ geht aufs Haus und die Barther wollen wissen, wie die Flusskreuzfahrt war – herrlich.
- Stippvisite in Polen: Stettin glänzt mit alter Architektur
- Im Ostseebad Zinnowitz spaziert man auf der 300 m langen Seebrücke hinaus aufs Meer mit Blick auf den langen, feinsandigen Strand
- Ausflug an den Ostseestrand in Zinnowitz auf Usedom. Am Ende der Seebrücke liegt die berühmte Tauchgondel
- Das Restaurant des Boutique-Schiffs ist im Belle-Epoque-Stil eingerichtet. Man sitzt elegant und gemütlich bei feinem Essen und gutem Service
- Lecker essen auf der MS Chopin von Thurgau Travel
- Kapitän Jaro Weinstein an Deck der MS Chopin.
- Idyllischer Ort mit maritimen Flair: Barth an der Ostsee gilt als Tor zum Fischland Zingst-Darß
- Alt trifft neu: das moderne Ozeaneum im Hafen von Stralsund zwischen Backsteingebäuden
- Spaziergang auf Rügen mit alten, reetgedeckten Häusern
- Klasse Reisebegleiter! Mein Buch-Tipp aus dem Trescher Verlag: ODER Von der Neißemündung bis zur Ostsee Mit Neuzelle, Frankfurt (Oder), Kostrzyn, Szczecin, Wolin und Usedom 1. Auflage 2022, 428 Seiten, 300 Fotos und historische Abbildungen, 25 Stadtpläne und Übersichtskarten, Klappkarten ISBN 978-3-89794-480-0 18,95 € inkl. MwSt.
- Der muss mit in den Koffer! Mein Reiseführer-Tipp aus dem Trescher Verlag: Ostseeküste und Mecklenburg-Vorpommern Mit Usedom, Rügen und Hiddensee, Fischland-Darß-Zingst Wismar, Schwerin, Stralsund, Schwerin 4., aktualisierte Auflage 2023, 384 Seiten, 200 Fotos und historische Abbildungen, 34 Stadtpläne und Übersichtskarten, Klappkarten 18,95 € inkl. MwSt.
Die Reise wurde unterstützt von Thurgau Travel.
Weitere Informationen:
Preisbeispiele:
Zauber der deutschen Ostseeinseln (BERLIN–STRALSUND):
- 2. - 9. Juni 2026
- 12. - 19. September 2026
- je ab 1.830 Euro pro Person inkl. Vollpension
Hinweis: Diese Termine werden extra auch als Themenreise: Rad-Flussreise an Oder und Ostsee angeboten
oder von STRALSUND nach BERLIN:
- 9. - 16. Juni 2026
- 23. - 30. Juni 2026
- 19. - 26. September 2026
- 3. - 10. Oktober 2026
- je ab 1.830 Euro pro Person inkl. Vollpension
Hinweis:
Zwei Termine werden extra auch als Themenreise: Rad-Flussreise an Oder und Ostsee angeboten (09.06. – 16.06.2026 oder 19.06. – 26.06.2026)
Weitere Anbieter dieser Route:
www.nicko-cruises.de
www.se-tours.de
Fotocredit: Thurgau Travel (3),
alle weiteren Fotos Petra Kirsch
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