Deutschlands schönste Luxus-Hotels 2024
23. November 2023Kreuzfahrt auf der Rhône durch die Provence
12. März 2024Auf Dschingis Khan’s Spuren und Milchschnaps in der Steppe
Mit Spannung wird jedes Jahr die „Best in Travel“-Länderliste von Lonely Planet erwartet. Seit einigen Wochen ist sie da und für 2024 belegt die Mongolei den begehrten, ersten Platz der Top Ten Länder.
Ein guter Grund, mich an Ende September 2021 zu erinnern. Damals war ich mit einer Journalistengruppe eine Woche lang in dem riesigen Land zwischen Russland und China unterwegs – es wurde eine unvergessliche Reise durch eine wilde Steppenlandschaft, mit Besuchen bei Nomaden-Familien und auf den Spuren des legendären Dschingis Khan und seiner Nachfolger. Die Gegensätze hätten nicht größer sein können: Von der chaotischen Millionenmetropole Ulaanbaatar reisen wir zu Nomaden und lernen ihr entbehrungsreiches, nicht immer ungefährliches, aber glückliches Leben in Rundzelten kennen.
Also, wenn du wie ich großartige, von der Zivilisation nahezu unberührte Landschaften liebst, in eine fremde Kultur eintauchen möchtest und es kein Problem für dich ist, auch in einfachen Zelten und Gästehäusern zu übernachten, dann komm hier mit auf einen unvergesslichen Trip nach Zentralasien. In nur acht Stunden bringt dich Mongolian Airlines (MIAT) per Direktflug von Frankfurt nach Ulaanbaatar (Ticket ca. ab 600 Euro). Seit Oktober 2023 fliegt MIAT dreimal die Woche (Montag, Mittwoch und Samstag) von Frankfurt in die mongolische Hauptstadt. In der Planung sind angeblich sogar fünf bis sechs Flüge die Woche. Los geht’s!
Ein eisiger Wind von Sibirien kommend weht über die Grassteppe der Zentralmongolei. Trotz der dicken Jacke ist mir kalt, aber ich bin restlos gebannt. Ich stehe in einer weiten Landschaft mit sanften Grashügeln und golden schimmernden Dünen unter einem stahlblauen Himmel westlich von Ulaanbaatar. Kein Strommast, kein Auto, kein Zaun, nur Natur. Vor mir weiden hunderte Schafe, Pferde galoppieren vorbei. Ein Stück weiter liegen in einer Sandkuhle ein gutes Dutzend Kamele neben einer Jurte (typisches Rundzelt, auch Ger genannt). Das Fleckchen Erde ist märchenhaft-schön und man fühlt sich fast wie auf einer Zeitreise in ein vergangenes Jahrhundert, als die industrielle Revolution noch weit weg war.
Vor der weißen Jurte des Ehepaars Üürzaich und Munkbayar in Elsen Tasarkhai spielen ein paar Kinder und im Inneren bullert ein Ofen befeuert mit Kameldung. Wir sind zu Gast bei Nomaden. Wie seit Jahrhunderten ziehen sie mit den Jahreszeiten durch das Land, um ihre Jurte dort aufzubauen, wo ihre Tiere – meistens Schafe, Ziegen, Kamele und Pferde – genug Gras und Futter finden und im eisigen Winter geschützt sind.
Wir nehmen Platz auf den zwei Betten, die jetzt als Sofas dienen. Im Zentrum steht der Ofen, Heizung und Herd in einem. Es gibt sonst nicht viele Einrichtungsgegenstände in der Jurte, aber ein Solarpanel und Satellitenschüssel vor dem Zelt, sowie ein kleiner Fernseher, Tiefkühlgerät, Handy und manchmal auch eine Waschmaschine gehören dazu.
Eine Schale mit Airag wird herumgereicht. Die vergorene Stutenmilch schmeckt säuerlich wie neuer Wein, dazu gibt es als Snack getrockneten Quark und später Khorkhog – ein Festmahl extra für die Journalisten aus Deutschland. Es ist Hammel gegart mit heißen Steinen. Gegessen wird mit den Fingern und ein bestimmter Teil der sauber abgenagten Knochen wird später als Spielsteine verwendet. Es sind die Schafsknöchel und das Spiel heißt Schagai.
Wer nach dem Essen noch kalte Hände hat, greift sich einen der warm-fettigen Kochsteine. Spätestens jetzt sind die Finger wieder durchblutet. Danach kreisen Schalen mit selbst destilliertem Milchschnaps und Wodka. Die Mongolen in der Jurte beginnen zu singen. Es ist ein faszinierender Kehlkopfgesang. Berührend! Und auch als Munkbayar berichtet, wie es ist, wenn ein schwerer, langer Winter das Leben zur Herausforderung macht. Denn bei -40 Grad stirbt rund die Hälfte seiner Tiere und die Familie überlebt dank gesalzenem Milchtee und viel Fleisch. Obst und Gemüse sind Mangelware und gibt es nur selten. Doch trotzdem ist das Paar mit seinen Kindern glücklich. Sollte das Land von der Politik privatisiert werden, ist das Nomadenleben vorbei. Davor hat Munkbayar Angst, übersetzt unser Reiseführer Galtai Galsan.
Jetzt wünscht die Nomadenfamilie, dass auch wir Journalisten etwas singen. Uns allen steht die Überraschung im Gesicht. Wir sind eine zusammengewürfelte Gruppe, haben uns erst bei Abflug kennengelernt und nach kurzer Diskussion, singen wir den alten Pop-Hit „Dschinghis Khan“. Vielleicht nicht die beste Idee. Unsere Darbietung ist dürftig, die Nomaden schauen wenig beeindruckt. In den nächsten Tagen werden wir noch öfter in den verschiedenen Jurten bei Airag und Wodka singen. Es gehört hier zur Kultur, genauso wie Bogenschießen, Reiten und Ringen.
Etwa eine halbe Million Nomaden leben noch in der Mongolei, die etwa 4,5 mal größer als Deutschland ist und nur etwa 3,3 Millionen Einwohner hat. Sie leben im Einklang mit der Natur fast wie zu Dschingis Khan Zeiten im frühen Mittelalter. Der legendäre und machthungrige Herrscher (ca. 1162-1227) wird als Nationalheld verehrt. Er vereinte zum ersten Mal die zahlreichen Nomadenstämme und legte mit seinen Eroberungszügen den Grundstein für eines der größten Reiche der Welt – die Goldene Horde. Dschingis Nachfolger schufen dann ein Großreich von Osteuropa bis Peking, das etwa 160 Jahre lang von Kharkhorin (alt: Karakorum) knapp sechs Autostunden (360 km) westlich von Ulaanbaatar aus regiert wurde.
In Kharkhorin angekommen, besuchen wir das sehenswerte Museum. Es entführt die Besucher in die wilde Zeit der mächtigen Khane, die für eine kurze Zeit von hier aus das damals größte Weltreich regiert haben. Besonders anschaulich ist das Modell der alten Hauptstadt im Museum – ein Geschenk des Deutschen Auswärtigen Amtes –, die nicht nur aus dem Palast des Khans, Straßen sowie Häusern bestand, sondern auch aus buddhistischen Tempeln, Moscheen, einer christlichen Kirche sowie dem „Silberbaum“, einem Brunnen, der vier verschiedene Flüssigkeiten u. a. Airag spenden konnte und der von einem Schmied aus Paris 1254 gefertigt wurde. Offensichtlich war es eine Stadt mit weltoffenem Flair, in der Menschen verschiedener Religionen Seite an Seite lebten. Vor der Museumstür kann man sich zudem über die Ausgrabungen der alten Stadt informieren, an denen auch das Deutsche Archäologische Institut von 1998 bis 2004 mitgewirkt hat.
Ein Stück weiter liegt das buddhistisch-lamaistische Kloster Erdenezuu. Heute ist es ein Museum, nachdem in den 1930er Jahren Stalins Truppen alle Mönche ermordeten. Der Grund: 1924 wurde die mongolische Volksrepublik ausgerufen und die Innenpolitik von Sowjetrussland diktiert. Doch das Kloster, das ab 1586 erbaut wurde, ist nach wie vor ein spiritueller Ort. Gebetsmühlen klirren im Wind vor den einzelnen Tempeln mit den gebogenen Dächern und weiße Stupas auf der Klostermauer leuchten in der Sonne.
Wir fahren weiter in den Hustain-Nuruu-Nationalpark, wo wir auf Safari zu den Urpferden gehen. Die ponygroßen Przewalski-Pferde gelten als die Urahnen aller heute bekannten Pferderassen und in der mongolischen Gobi-Wüste war bis zur Ausrottung der letzten Pferde in freier Wildbahn in den 1960er-Jahren ihr letztes Rückzugsgebiet. Doch um 1900 rettete etwa der Hamburger Tierhändler Carl Hagenbeck einige Stammeltern, weshalb heute im Hustain-Nuruu-Nationalpark wieder eine kleine, von Wissenschaftlern geschützte Herde Przewalski-Pferde lebt, die hier Thaki heißen. Und die sehen wir durch das Fernglas, wie sie idyllisch in der sonnenbeschienenen Hügelsteppe grasen.
Zurück in Ulaanbaatar lassen wir uns durch die Mega-City treiben, in der die Hälfte der Mongolen, etwa 1,8 Millionen Menschen leben. Sozialistischer Plattenbau, Wolkenkratzer im Dubai-Stil, wild wuchernde Jurtenviertel und vier Braunkohlekraftwerke – Stadtplanung spielt hier offensichtlich keine große Rolle und Smog gehört an manchen Tagen dazu. Wir schlendern über den monumentalen Dschingis-Khan-Platz, der für kommunistische Paraden gebaut wurde und besuchen das Bogd-Khan-Museum mit dem 1893 gebauten Winterpalast des letzten Bogd Khan (religiöser und weltlicher Herrscher).
Dann laufen wir zum Schwarzmarkt mit seinen großen Hallen, der seinen Namen nie geändert hat. Die Mongolen sagen, hier gibt es alles außer Menschenaugen. Wir laufen an Lebensmittel-Ständen mit etwa Fleisch bis zu ganzen Jurten vorbei, bestaunen das Angebot vom hölzernen Reitsattel bis zur Jogginghose und lassen uns durch das spannende Gewühl treiben, bevor wir zu einem Wettbewerb des Nationalsports Nummer eins weiterziehen. Beim Bogenschießen treten sowohl Männer wie Frauen in traditioneller Kleidung an. Alle tragen den langen Mantel Deel, die typische Mütze Dörvön Talt Malgai und Gutul-Stiefel mit einer nach oben gebogener Schuhspitze. Die Pfeile fliegen bis zu etwa 75 Meter weit und treffen punktgenau kleine Klötzchen.
Danach lassen wir uns ein letztes Mal deftige mit Fleisch gefüllte Teigtaschen in verschiedenen Varianten schmecken, bevor wir den Heimweg mit unvergesslichen Erinnerungen an die Mongolei antreten.
Mein Shoppingtipp zum Schluss: Im großen Gobi-Cashmere-Shop gibt es wunderbare Pullis, Mäntel, Kleider, Mützen aus Kaschmir-Wolle auf zwei großen Etagen, günstiger als in Europa.
Mein Lesetipp: die für mich magischen Bücher des mongolischen, auf Deutsch schreibenden Autors Galsan Tschinag, Vater unseres Reiseführers Galtai Galsan
Reiseveranstalter, die die Mongolei im Programm haben z.B.:
Lernidee Erlebnisreisen, Evaneos, www.deine-mongolei.de, Escape to Mongolia, G Adventures, Ikarus Tours, SKR
Meine Teilnahme an der Pressereise im September 2021 fand auf Einladung der Tourism Office Mongolia statt.