Wie Gott in Frankreich auf der Riverside Ravel
Konzentriert steht Kapitän Philippe Stypa auf der Brücke der Ravel. Das 135 Meter lange Flusskreuzfahrtschiff von Riverside Cruises fährt unter einer Brücke, die die Rhône kurz nach Lyon überspannt, durch. Es ist Maßarbeit, nur wenige Zentimeter trennen die Stahlträger der Brücke vom Schiff. „Wir müssen unsere Ballasttanks voller machen, damit wir tiefer im Wasser liegen“, sagt der 60-jährige Franzose, der seit Februar 2023 Kapitän der Ravel ist. Zwei Tage später wird er in Viviers die Frischwassertanks füllen lassen. 200.000 Liter fassen die Tanks. Ordentlich Gewicht, damit bei der nächsten Brücke mehr Spiel nach oben ist. „Die Ravel war bis 2018 auf dem Rhein unterwegs. Im Frühling wurde sie auf einem Spezial-Transportschiff vom Rhein über das Mittelmeer auf die Rhône gebracht“, erzählt er.
Damals fuhr die Ravel sowie die drei weiteren baugleichen Schiffe Bach, Debussy und Mahler für die amerikanische Reederei Chrystal Cruises wie auch die Mozart. 2022 übernahm dann die Hamburger Seaside Hotel Collection die Flussschiffe und mischt als Riverside Cruises neu im Luxus-Markt auf den europäischen Flüssen mit. Die Mozart auf der Donau und seit August 2023 ist die Ravel auf Saône und Rhône unterwegs. Die Debussy bricht im April 2024 zur Jungfernfahrt auf Rhein, Mosel und Main auf.
Wer auf der Ravel einschifft, etwa wie ich auf der Route nach Süden von Lyon nach Avignon, wird auf einem eleganten, luxuriösen Schiff mit ausgezeichneter Küche logieren und nicht nur die berühmten Städte der Provence wie Avignon, Nîmes oder Arles entdecken, sondern auch verträumte Orte in der Ardèche und Weindörfer von Weltrang wie etwa Châteauneuf-du-Pape.
Tausende Urlauber fahren jedes Jahr auf der Autoroute du Soleil in nur wenigen Stunden durch das Rhône-Tal zum Mittelmeer, erhaschen dabei nur kurze Blicke auf den mächtigen Strom, der in der Camargue ins Mittelmeer mündet. Dabei präsentiert sich der Fluss ein Stück südlich nach Lyon überraschend idyllisch mit steilen Weinbergen, Burgruinen, die auf Felsnasen kleben, den kalksteinhell leuchtenden Ausläufern der Cevennen zwischen im Spätsommer abgeernteten, grün-silbrigen Lavendelfeldern. Ein Grund mehr, die 420 Kilometer – statt mit dem Auto – ganz entspannt in einer Woche auf dem Fluss zurückzulegen und sich dabei ohne Übertreibung wie Gott in Frankreich zu fühlen.
55 Kabinen zählt die Ravel auf ihren vier Decks für maximal 110 Passagiere und von Kabinen will man gar nicht sprechen. Es sind geräumige, nobel eingerichtete Suiten in vier verschiedenen Kategorien. Elegante Cocktailsessel bezogen mit flaschengrünem Samt, komfortable King-Size-Betten, Schreib- oder Schminktisch, ansprechende Schwarz-Weiß-Fotografien an den Wänden, Marmorbäder mit großen Regenduschen, Ankleide und ein elektrisch zu öffnendes, bodentiefes Panoramafenster. Das haben selbst auch die kleineren Symphony und Melody Suiten auf dem zweiten Deck. Eine Besonderheit ist die 71 Quadratmeter große Owner Suite, die nicht nur zwei Schlafzimmer hat, sondern auch zwei Bäder. Kurz: Die Ravel ist so geschmackvoll-elegant gestaltet wie ein urbanes Fünf-Sterne-Hotel mit allem, was sich anspruchsvolle Reisende wünschen und dazu gehört auch ein verglaster Aufzug, den manche Gäste schätzen. Wer mag, nimmt den Butler-Service in Anspruch und lässt sich den Koffer aus und mit professioneller Sorgfalt wieder einpacken.
Auf unserer Tour ist die Ravel gerade mal zur Hälfte gebucht. Die überwiegend US-amerikanischen Gäste sind aus den verschiedensten Regionen angereist wie Miami, Chicago, North Carolina oder Vermont in Neuengland und vielen von ihnen ist die frühere Reederei Chrystal Cruises ein Begriff oder sie waren mit den Schiffen in den letzten Jahren schon auf dem Rhein oder der Donau unterwegs. Und: Die Amerikaner lieben es sportlich. Der Fahrradausflug in Lyon ist im Nu ausgebucht und auch sonst sind die bordeigenen E-Bikes und normalen Räder oft im Einsatz. Ein Lieblingsort für viele Gäste ist der Pool mit Gegenstromanlage im Heck auf dem dritten Deck zum Bahnen ziehen. Danach eine Massage oder in den Fitnessraum und man hat genug Kalorien abgebaut, um sich im stilvoll eingedeckten Waterside Restaurant verwöhnen zu lassen – mittags zum Lunch als Büfett oder abends als Fine-Dining. Ein siebengängiges Wahl-Menü plus große Weinauswahl lässt die Herzen der Feinschmecker höherschlagen.
Kleine Kostprobe gefällig? Gebratene Gänseleber mit Brioche – wir sind in Frankreich und die Franzosen sind nun mal berühmt für ihre Gänsestopfleber – dazu prickelt perfekt ein Taittinger-Champagner. Der passt auch zum nächsten Amuse Bouche: Kaviar mit einem Hauch Kartoffelmus, Crème Fraîche und als Clou ein schimmerndes Blattgold-Häubchen. Der nächste Appetizer ist ein lokaler Star: die provenzalische Fischsuppe Bouillabaisse. Anschließend hat man die Qual der Wahl zwischen vier verschiedenen Hauptgerichten wie etwa gebratene Forelle, ein fantastisches Steak vom Grill oder ein feines, der ayurvedischen Küche entlehntes Gemüse-Curry. Dazu ein eleganter, weißer Châteauneuf-du-Pape oder ein dunkelrot-samtiger Côtes du Rhône? Die Kenner der guten Tropfen freuen sich über die große Weinkarte auch mit Positionen aus den weltberühmten Anbaugebieten, die auf der Strecke der Ravel liegen.
Zum süßen Finale zaubert die bordeigene Patisserie die Klassiker der französischen Küche wie Baba au Rhum, Crème Brulée oder zartschmelzende Pralinen aus Valrhona-Schokolade. Die 1922 gegründete Schokoladen-Manufaktur in Tain L’Hermitage, die als eine der Besten der Welt gilt, steht natürlich auch auf dem Ausflugsprogramm.
Der kreative, immer gut gelaunte Kopf, der die köstlichen, abwechslungsreichen Menüs kreiert, ist Küchenchefin Paula Iacoblev. Die Rumänin hat ihre Ausbildung in Spanien gemacht, arbeitet seit 2016 auf der Mozart, zuerst als Köchin, dann Sous-Chefin und zuletzt als Küchenchefin und wird auf manchen Cruises an die Ravel „ausgeliehen“. Die 40-jährige legt großen Wert auf lokale Produkte und kauft auf den sinnenbetörenden, bei Sterneköchen beliebten Märkten ein, etwa in Arles würzig duftenden Käse oder sonnengereiftes Obst- und Gemüse. In ihrer Freizeit pendelt Paula nach etwa zwei Monaten an Bord in ihrem drei- bis vierwöchigen Urlaub zwischen Cadiz, Rumänien und Bordeaux, wo ihr Freund lebt – immer auf der Suche nach neuen, kulinarischen Anregungen.
Zwischendurch noch Hunger? Einen leichten Snack – süß oder pikant – bietet das Bistro fast rund um die Uhr ein Deck höher an. Nur hier fühlt man sich mehr wie in einem Kaffeehaus mit italienischem Schick. Dolci, Aperol Spritz und Rhôneblick gibt’s natürlich auch. Und am schönsten ist der Flussblick von ganz oben. Das Vista Deck ist großzügig mit viel Raum für Privatsphäre eingerichtet. Die modernen, bunten Lounge-Sessel stehen mit viel Abstand zu den Sonnenliegen sowie Tischen und mittendrin ist der Place-To-Be die weiß-verspiegelte Bar – perfekt für einen Sundowner im Saint-Tropez-Stil. Ein Wermutstropfen: Das Sonnendeck ist oft geschlossen und die hydraulisch versenkbare Bar ein Stockwerk tiefer gefahren. Der Grund: die Brücken wie auch die etlichen Schleusen auf der Strecke.
Los geht die charmante Cruise durch den sonnenverwöhnten Landstrich in Lyon, wo Rhône und Saône zusammenfließen. In Frankreichs drittgrößter Stadt liegt die Ravel am Quai Rambaud und bei den Ausflügen lernt man die charmanten Altstadtgassen mit den hier typischen Lokalen namens Bouchon (dt.: Korken) kennen und vom Fourvière-Hügel mit seiner mächtigen, viertürmigen Basilika genießt man eine traumhafte Aussicht. Weitblick haben die Gäste in den folgenden Tagen noch mehrfach etwa von der Terrasse des Renaissance-Schloss in Grignan in der Trüffel-Region Tricastin, von der Kathedrale im verträumten Dorf Viviers in der Ardèche oder von der Ruine des neuen „Papstschlosses“ sprich Châteauneuf-du-Pape.
Hier liegt die Ravel an einem Anleger mitten in der provenzalischen Pampa, Pinienduft und herrliche Ruhe, nur das Zirpen der Zikaden flirrt in der Luft. Dafür sind wir gut 20 Kilometer von Avignon entfernt, also rein in den Bus.
„Avignon sur le pont …“ – das alte Kinderlied hat man auf Frankreichs berühmtester, unvollendeter Brücke, der Pont St-Bénézet, im Ohr und beim Rundgang durch den Papstpalast im Herzen von Avignon sind Historienfans begeistert von dem mächtigen Bau aus dem Mittelalter. Auf den Spuren von Vincent van Gogh geht es durch das hübsche Arles, auf Paul Cézannes in Aix-en-Provence, römische Ruinen stehen in Nîmes auf dem Programm, dazu die verführerisch duftenden Märkte, die Bistrots und die entspannte, südfranzösische Lebensart, die verdammt gut nach Urlaub schmeckt. Und dass besonders gut – und mein Cruise-Tipp zum Schluss – zur Lavendelblüte im Mai oder Juni.
Infos: www.riverside-cruises.com
Meine Teilnahme an der Pressereise im Oktober 2023 fand auf Einladung von Riverside Luxury Cruises statt.