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14. Mai 2024INTERVIEW CARSTEN K. RATH
»Gäste wollen überrascht werden«
Vor fünf Jahren wurde das erste unabhängige Hotelranking in Deutschland gegründet – nun kommt es erstmals auch in den Alpenraum. Bei einer exklusiven Gala werden im Mai 2024 im The Dolder Grand in Zürich die Gewinner der »101 besten Hotels Schweiz, Österreich, Südtirol und Deutschland« gekürt, in Anwesenheit zahlreicher Vertreter aus Wirtschaft, Politik und TV. Spiritus Rector des Rankings ist Carsten K. Rath. 350 Nächte verbringt er jährlich in Hotels. Zeit für ein Gespräch. Das Interview führte Tomas Niederberghaus, der Gründer der Hamburger Agentur TN Hotel Media Consulting.
Herr Rath, vor fünf Jahren haben Sie zusammen mit Ihrem Sohn David das Ranking »101 beste Hotels in Deutschlands« ins Leben gerufen. Welche Motivation steht dahinter?
Carsten K. Rath: Die Welt der Hotellerie verändert sich. Neue Häuser kommen hinzu, alte kommen in die Jahre, werden renoviert oder leiden an einem Renovierungsstau. Unser Ranking gibt Gästen Orientierung. Und es ist auch ein Spiegel einer sich stets weiterentwickelnden Gesellschaft: Die Hotellerie hat eine Demokratisierung erlebt. Nehmen Sie beispielsweise Grandhotels. Früher waren sie die Fortsetzung der Burgen und Schlösser, waren einer bestimmten Klientel vorbehalten. Heute sind die Snobs dort nicht mehr unter sich.
Was macht Ihr Ranking besonders?
Rath: Zu unserem Kuratorium gehört unter anderem die Internationale Hochschule in München. Sie setzt alles daran, so nah wie möglich mit unserem Ranking an die Objektivität zu kommen. Wir vereinen Gästefeedback, die Qualitätsbeurteilung von Experten sowie internationale Rankings und kommen mit dieser Vorgehensweise sehr dicht an eine objektive Bewertung heran. Dadurch haben wir ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit.
Warum jetzt der Alpenraum - nach fünf erfolgreichen Jahren in Deutschland?
Rath: Genau das ist der Grund: Unsere deutschen Leser, die reisefreudigen, anspruchsvollen, luxusaffinen Gäste haben uns immer wieder gebeten, unser Netz weiter zu spannen. Die Alpen sind eine der beliebtesten Ferienregionen für deutschsprachige Gäste, daher suchen sie bei der Wahl ihrer Hotels Orientierung auch über die Landesgrenzen hinweg. Gleiches gilt für die Mitarbeiter in der Hotellerie. Früher war man sehr stark auf die eigene Nationalität ausgerichtet – heute arbeiten viele Deutsche in der Schweiz, Österreicher in Deutschland und umgekehrt. Daher kommen wir dem Wunsch unserer Leser, Gäste und auch der Mitarbeiter nach Expansion der 101 Besten gerne nach.
Wie genau definiert sich der DACH-Bereich geografisch?
Rath: Die korrekte Bezeichnung wäre DACH-ST, da sie sich auf die Länder Deutschland, Österreich, Schweiz und die italienische Region Südtirol bezieht. Dieses Gebiet rund um die Alpen ist besonders interessant für unsere Leser und Gäste, weil Deutsch dort die vorherrschende Sprache ist.
Was ist der Hauptunterschied zu »101 Beste« Deutschland?
Rath: Die Unterschiede sind marginal. Lediglich in der Schweiz wird zusätzlich – wie später auch in Deutschland, der »101 ikonische Hotelier des Jahres« vergeben. Damit möchten wir herausragende Persönlichkeiten ehren, was ebenfalls auf den Wunsch unserer Leser und Gäste zurückzuführen ist.
Gibt es solche Auszeichnungen nicht bereits?
Rath: Natürlich gibt es bereits den Hotelier des Jahres, aber niemand konzentriert sich so stark wie wir auf den B2C-Bereich; wir feiern uns nicht selbst, sondern bieten unseren Lesern Orientierung. Unsere Gäste sind sehr daran interessiert, welche Persönlichkeiten hinter den Häusern stehen, wer der 101 Icon Hotelier des Jahres ist. Daher bieten wir hier mehr Hintergrundwissen als zusätzlichen Service für die interessierten Gäste – aber auch für die Hotels, sich in der Öffentlichkeit darzustellen.
Gibt es weitere Neuerungen?
Rath: Zusätzlich werden wir in der Schweiz 2025 erstmals das »101 Entdeckung des Jahres« -Hotel küren. Dabei handelt es sich um ein Hotel, das nicht zu den »101 Besten« gehört, das noch unbekannter ist – es unserer Ansicht nach aber dennoch verdient, beachtet zu werden.
Wie unterscheiden sich die vier Länder, gibt es echte Charakteristika?
Rath: Das einzige wirklich Verbindende in diesen vier Ländern ist meiner Meinung nach die deutsche Sprache, und auch die wird doch sehr unterschiedlich interpretiert. Als ich 2007 in die Schweiz immigrierte, dachte ich zunächst, dass die Menschen dort dieselben Charakterzüge und eine ähnliche Sprache wie in Deutschland haben würden. Aber damit lag ich falsch. Die Menschen in diesen Ländern haben sich im Laufe ihrer jeweiligen Geschichte sehr unterschiedlich entwickelt – und das ist auch gut so.
Warum?
Rath: Weil Vielfalt etwas Wunderbares ist. Die deutschsprachige Region umfasst über 100 Millionen Menschen in den drei Ländern und der Region Südtirol. Sie sind in ihren Traditionen und Bräuchen, ihrer Kultur und Kulinarik genauso vielfältig und unterschiedlich wie die Regionen selbst. Von den ruhigen Norddeutschen auf Sylt bis zu den kreativen Südtirolern ist alles vertreten. Hier teile ich die Ansicht der Kölner, die sagen: »Jeder Jeck ist anders.«
Hat eines dieser vier Länder in der Hotellerie ein deutlich höheres Niveau?
Rath: Nein, keines der Länder überragt mit seinem Niveau die anderen. Dennoch verfügt jedes Land über herausragende Hotels in seiner eigenen Ausprägung. Beispielsweise sind Städte wie Wien, Salzburg oder Zürich sowie viele deutsche Großstädte wie Hamburg und Düsseldorf herausragende Ziele für Stadt- und Grandhotels. In der Resort-Hotellerie sind natürlich die Alpenländer aufgrund ihrer reizvollen Landschaften häufiger vertreten. Hier holen beispielsweise Regionen wie Baden-Württemberg, Bayern und die Küsten Deutschlands stark auf. Der Wettbewerbsgedanke ist positiv besetzt, da er zum Benchmarking und zum gegenseitigen Lernen anregt. Daher habe ich eher den Eindruck, dass dieser zunehmende Austausch den Gästen zugutekommt.
Welche Rolle spielt die Ausbildung heute? Früher war Lausanne das Non Plus Ultra?
Rath: Es ist stets herausfordernd zu behaupten, welche Universität oder Hotelfachschule die beste ist. Jedes Land hat sicherlich eine herausragende Einrichtung. In der Schweiz könnte dies die »Lausanne Hotelfachschule« sein, während international die »IU International« aus Deutschland, die in vielen Städten vertreten ist, zu den führenden Institutionen gehört. Auch die »Klessheim-Schule« in Österreich gilt als erstklassige Kaderschmiede. Ich bin der Meinung, dass wir ein äußerst hochwertiges Bildungssystem in der Hotellerie in allen Ländern haben und dass letztendlich die Talente und insbesondere die Motivation des Einzelnen entscheidend sind, unabhängig davon, welche Schule man besucht.
Gibt es denn so etwas wie eine Personal-Maxime für die Hotellerie?
Rath: Es ist wichtig, dass es in der Hotellerie ein breites Bildungsangebot vom Abitur bis hin zum Masterabschluss der IU gibt – und das ist auch genau das, wonach die Hoteliers suchen bei den Bewerberinnen und Bewerbern.
Was sind die großen länderübergreifenden Trends? Welche Rolle spielen z.B. heute Lage oder Kulinarik?
Rath: Mit Trends ist es eine zwiespältige Angelegenheit, denn sie kommen und gehen relativ schnell. Wir betrachten eher langfristige Entwicklungen. Natürlich sind Themen wie Spa, Kulinarik und Sport wie zum Beispiel Golf Megatrends. Gleichzeitig erkennen wir, dass sich der Fokus der Gäste zunehmend auf Individualität verlagert, dass Größe nicht mehr automatisch Qualität bedeutet und dass die persönliche Ansprache und die Erfüllung individueller Gästewünsche immer wichtiger werden. Wenn ich beispielsweise herausragende Hotels wie »Schloss Elmau« betrachte: Dort spürt man eine Atmosphäre des Freigeists, die dem Gast eine ganz neue Erfahrung ermöglicht. Hier werden nicht die Regeln für den Gast festgelegt, sondern die Regeln dienen dem Gast.
Können Sie uns ein Beispiel nennen?
Rath: In den besten Hotels geht es beispielsweise nicht mehr darum, dass das Frühstück von 7:00 Uhr bis 10.30 Uhr serviert wird. Stattdessen ist das Frühstücksbuffet von 7 bis 10.30 Uhr geöffnet – und der Gast kann außerhalb dieser Zeiten Frühstücksangebote genießen, wann und wo er will. Der Fokus liegt darauf, dem Gast die Freiheit der Wahl zu geben, zu tun, was er möchte, wann und wo er möchte, natürlich innerhalb der gesetzlichen Grenzen.
Gibt es ein perfektes Hotel und was macht es aus?
Rath: Perfektion ist langweilig. Aber ein gutes Hotel bietet seinen Gästen Erlebnisse und vor allem persönliche Zuwendung. Im Alltag erleben wir heute immer weniger menschliche Begegnungen. Früher ging man morgens zum Kiosk, um sich die Zeitung zu holen und hatte bereits ein erstes Gespräch. Heute liest man online und sitzt im Homeoffice. »Mensch-zu-Mensch-Momenten« im Hotel kommt daher eine noch größere Bedeutung zu. Je mehr ich davon erlebe, desto mehr bleibt mir ein Hotel in Erinnerung.
Sie verbringen fast Ihr ganzes Leben im Hotel. Verraten Sie uns mal, was Sie in einem Hotel so richtig nervt!
Rath: Die lustlose Frage »Wie war Ihre Anreise?« Ich führe das manchmal durch meine Antworten ad absurdum. Dann sage ich: »Ganz ok. Außer, dass ich heute morgen beim Verlassen der Tiefgarage den Kotflügel des Nachbarn verkratzt und unsere Katze überfahren habe «. Ich frage mich immer, warum man den Gast nicht einfach freundlich empfängt: »Herzliche willkommen, schön, dass Sie da sind!«
Worauf achten Sie als erstes, wenn Sie ein Hotel betreten?
Rath: Ich bin ein sinnlicher Mensch und habe ein stark ausgeprägtes olfaktorisches Empfinden. Also achte ich als erstes darauf, wie es in einem Hotel riecht. Billige Raumdüfte oder scharfe Reinigungsmittel stören mich.
Was bedeutet für Sie Service?
Rath: Wenn Mitarbeiter die Haltung verkörpern: »Ich kümmere mich gerne um Sie« und das dann fachlich und menschlich exzellent ausführen. Ich mag es nicht, mich als Gast einem standardisierten Hotelprozess unterordnen zu müssen. Und mich nervt Unaufmerksamkeit. Oder positiv formuliert: Wenn sich jemand merkt, dass ich keine Aircondition möchte und abends die Vorhänge nicht zuziehe, dann fühle ich mich willkommen.
Was wird in der Hotellerie total überschätzt?
Rath: Das Kissenmenü. Es braucht nicht drei verschiedene Kissengrößen pro Bett als Standardausführung. Ebenfalls überschätzt sind der Wasser-Sommelier und die Holzkisten mit 20 verschiedenen Lesebrillen unterschiedlicher Dioptrien.
Die WELT hat Sie einmal den »Rockstar der Grandhotels« getauft. Fühlten Sie sich geehrt? Und was könnte die Zeitung damit gemeint haben?
Rath: Aus eigener Erfahrung als ehemaliger General Manager weiß ich: Rockstars zerlegen Dir im Rausch irgendwelcher Wirkstoffe schon mal das Zimmer. Das ist bei mir nicht der Fall (lacht). Aber vielleicht bin ich einfach nur nicht so ganz konform. Und das macht ja auch meinen Blick auf die Hotels aus.
Hat sich Begriff Luxus in der Luxushotellerie verändert?
Rath: Luxus hat in der Hotellerie einen unglaublichen Wandel durchgemacht. Früher schlossen sich die Begriffe Luxus und Nachhaltigkeit aus, heute bedingen sie einander. Früher wurde Luxus mit Prunk gleichgesetzt, heute heißt Luxus für den Gast, Zeit und Raum zu haben. Der Luxus in der Hotellerie ist legerer und entspannter geworden, was das Äußere betrifft. Weiße Sneaker zu Anzügen sind heute kein no go mehr, sondern ebenso selbstverständlich wie Direktoren ohne Krawatten. Das erinnert eher an Street Fashion. Clochen-Service mit weißen Handschuhen ist passé.
Kann die Luxushotellerie also von der Mode mehr lernen, als die Mode von der Luxushotellerie?
Rath: Auf jeden Fall. Ich war gerade in London auf der Bond Street und stand staunend vor Läden wie Alexander McQueen und Louis Vuitton. Die dekorieren inzwischen jede Woche ihre Schaufenster neu und sogar ganze Straßen und Wohnblocks. Luxushotels sollten auch jede Woche ein neues Highlight schaffen. Gäste wollen überrascht werden.
Mit wem würden Sie gerne spät nachts an einer Hotelbar sitzen?
Rath: Mit meinen drei besten Freunden, für die ich leider viel zu wenig Zeit habe.
Vielen Dank für das Gespräch!
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2 Comments
Ich fand das Interview äußerst inspirierend und menschlich greifbar. Ich verfolge seit Jahren die Gastlichkeit , sowie den Service in der Hotellerie . Auch finde ich das Ranking der 101 besten Hotels in der DACH REGION EINE SEHR GUTE IDEE VON HERRN RATH.
Ich finde die Expertisen von Carsten C. Rath Immer bewundernswert und hilfreich.
Das freut mich sehr lieber Herr Höller und Herrn Rath sowie sein Team sicher auch. Vielen Dank für diesen wunderbaren Kommentar!